Tag 1, Donnerstag den 29. Dezember 2005

Nachdem ich meine Arbeiten abgeschlossen habe und gestern Abend das Himmelbett verkauft habe ist mein Zimmer leer und ich habe gerade meine erste Nacht auf der Isomatte hinter mir. Geschlafen habe ich eher schlecht und dennoch verpennt da ich den Wecker nicht eingeschaltet habe. Jetzt bin ich bereits 30 min hinter dem Plan. Naja mit dem Fahrrad losgefetzt und den Bus 5 genommen. Ich steige in der Nähe der Autovermietung aus und laufe die letzten Meter. Eigentlich klappt das mit dem Mietwagen problemlos bis auf die Tatsache das der Mensch irgendwie sau unfreundlich ist und ich irgendwie 35 Dollar mehr bezahlen muss wie erwartet. Naja bei den Kosten für diesen Urlaub kommt es da auch nicht mehr drauf an. Mit dem Mietwagen einem Chrysler PT Cruiser zu meiner Wohnung zurück und alles eingeladen. Dann noch schell duschen, das Zimmer noch mal saugen und aus der Garage den Neoprenanzug und das Boogieboard ins Auto geworfen dann kann es losgehen.

Oder auch nicht! Mein Fahrrad steht noch an der Bushaltestelle wo ich es am Morgen zurückgelassen habe, das Auto ist voll, also was tun? Mit dem Auto hinfahren, parken, mit dem Fahrrad zur UCSD, das Fahrrad dort abstellen und mit dem Bus zurück. Zeitverlust „nur“ eine Stunde. Jetzt noch schell was zu Essen kaufen. Danach noch die Bettwäsche und ausgelesene Bücher an einen Thriftshop gespendet. Als letzter Schritt folgt noch der Kauf eines Zelts (25 Dollar), einer Mütze und von Fleecehandschuhen. Inzwischen ist es bereits nach 11 Uhr und ich muss noch nach Encinitas. Ich treffe dort ein, schließe die Tür auf und schon ist die Katze Willi draußen. Sch... der soll doch drinnen bleiben, wenn der jetzt wegrennt bin ich völlig aus dem Plan. Aber er tut mir den Gefallen sich in der Sonne auf dem Asphalt auszubreiten und ich fange ihn schnell wieder ein. Für ihn bedeutet das jetzt Einzelhaft bis ich alles ausgeladen habe. Wenige Minuten später ist das Haus inclusive Katze hinter mir verschlossen und ich kann aufbrechen.

Von hier geht es zuerst durch die Felder auf einer schuckeligen Landstraße zurück zum Interstate 15. In Escondido noch kurz was gegessen, es ist ja auch schon 13 Uhr. Nachdem ich einen Burger verputzt habe geht es auf die Straße. Der Interstate ist zwar recht voll aber der Verkehr rollt zügig. Tempomat reingeknallt auf die für mich üblichen 10 Mph über der zulässigen Geschwindigkeit, normalerweise also 75 Mph. Bis auf ein bischen stockenden Verkehr bei Lake Elsignore geht es eigenlich recht zügig voran. Die Sicht ist astronomisch schlecht, man kann selbst die nur 2 Meilen entfernten Berge nicht wirklich sehen, sondern nur erahnen. Bei Riverside geht es rechts ab auf den Interstate 10, hier wird es merklich leerer, also laufen die 80 Mph die hier „zulässig“ sind zügig vor sich hin. Links und rechts ziehen sich jetzt hohe Bergketten hin. Unten im Tal ist es wüstenhaft karg. Kurz vor dem Abzweig nach Joshua Tree fällt mir fast die Kinnlade runter. Ich fahre in den größten Windpark hinein den ich je gesehen habe. Hier ist eine wilde Mixtur kleinster bis großer Windräder in die Landschaft geknallt. Fast alles dreht sich, es müssen hunderte wenn nicht gar über tausend Windräder sein. Leider ergibt sich so recht keine Möglichkeit anzuhalten da hier keine Ausfahrten sind und ich auch nicht auf dem Standstreifen parken will. Also weiter und dann rechts ab Richtung Joshua Tree. Nach circa ein bis zwei Meilen auf der Landstraße denke ich plötzlich an die Filme für die Mittelformatkamera. Sch.......e die hab ich getrost in der untersten Schublade im Badezimmer gelassen. Beim Ausräumen hab ich diese zwar feinsäuberlich sortiert, aber irgendwie nicht gleich rausgetan und dann prompt vergessen. Alles hab ich kontrolliert nur diese eine Schublade nicht. Naja das hilft jetzt auch nix. Umkehren bringt es jetzt nicht mehr, zudem warten die anderen auf mich und die würden sich sonst anfangen zu wundern wo ich bleibe da ich am Telefon gesagt habe ich bin so gegen 15:30 da (es ist sowieso bereits 15:15 und ich bin noch nicht in Joshua Tree). Filme aufgeben? Nicht wirklich, denn ich will diese Fotos machen. Neue Filme versuchen zu besorgen? Schwierig bis unmöglich, diese Schwarzweißfilme gibt es nur in speziellen Fotogeschäften und ich habe keine Ahnung wo ich ein solches finden soll. Lösung Nummer drei: Am nächsten Morgen zurück nach San Diego und am gleichen Tag wieder in Richtung Osten zurück.

Naja vor lauter Ärger über die Filme und in der Hetze da ich eh schon spät dran bin fahre ich natürlich prompt am Abzweig zum Campground vorbei (das Schild ist quasi unsichtbar hinter Hecken). Also nach einigen Meilen angefangen sich zu wundern und wieder zurück. Von der anderen Seite gibt es ein Schild also kein Problem. Wenige Minuten später komme ich am Stellplatz 60 an und treffe Jay, Melissa und Chase. Ich stelle kurz das Zelt auf und werfe meien Schlafsack hinein. Dann gehe ich mit den anderen etwas Bouldern. Natürlich muss ich mich in einer Spalte festbeißen die ziemlich grenzwertig ist ohne Seil, mit Helm traue ich mir das aber schon zu. Die Kamera die ich habe ist auch hinderlich, aber ich komme voran. Bis ich etwa auf Höhe des Grats jedoch noch unter dem Gipfel am Ende der Fahnenstange ankomme. Ab hier geht es nur noch mit Seil und Kletterschuhen weiter. Naja ein paar Fotos geschossen und den anderen beim Kraxeln zugeschaut, dann geht es wieder runter.

thomasbahr.de Joshua Tree am Abend

Oder so dachte ich. Irgenwie ist das ganze runter zu immer sehr viel schwieriger. Man sieht seine eigene Füße nicht und für vorwärts ist der Fels deutlich zu steil. Nach einigen knackigen Stellen und einigen ziemlich schwierigen Moves bin ich dann aber doch wieder unten. Ich warte noch auf die Anderen und dann esse ich noch etwas.

Hier noch der Blick auf unseren Campground in den abendlichen Farben

thomasbahr.de Joshua Tree am Abend 2

Dunkel ist es inzwischen auch wieder. Das ungute Gefühl was ich seit gestern im Hals hatte wächst sich inzwischen zu einem vernünftigen Husten aus, krank werde ich jetzt also auch noch. Na prima. Ich sitze dann noch mit den anderen am Feuer, spiele Romme und trinke heißen Kaffe mit Baileys. So gegen 9:30 oder 10 Uhr gehe ich zu Bett. Nicht ohne vorher den tiefschwarzen Himmel mit tausenden Sternen und der Milchstraße zu bestaunen. Da es Neumond ist bietet die kalte und klare Wüstenluft einen unbeschränkten Blick. Man kann sogar die Farben der helleren Sterne erkennen.